Mittwoch, 9. November 2016

Clown

Nun also Donald, der Killer-Clown. Wie konnte das denn nur passieren? Angst, Wut, Lügen, Social Media, Sex, Hass, Verschwörungstheorien. Egal. Jetzt ist er da.
Der Stinkefinger, den die Angepissten der Gesellschaft zeigen wollten, trägt eine blonde Haartolle und fabuliert von weiblichen Geschlechtsteilen. Die Revolution schwenkt keine rote Fahne, sondern fasst sich in den Schritt, rülpst laut und schießt sich mit dem lässig umgehängten Revolver kichernd beinahe selber ins Bein. Joe Sixpack hat einen neuen Superhelden.
Und Beatrix, Marine und Frauke haben einen neuen feuchten Traum. Sie feiern den Anbruch einer neuen Zeit, in der populistische Dilettanten schließlich mit einfachen Lösungen erst den weißen Mann retten, um dann die nicht-weiße Rest-Welt wieder unter seine Knute zu bringen.
Donald als Wegbereiter einer glorreichen Einfachheit des Lebens, in dem es wieder feste Rollen gibt, Grenzen und Regeln und niemand sich an irgendetwas anpassen muss. Donald als Blaupause für die Revolution der Angstmacher.
Bis er seines neuen Spielzeuges überdrüssig wird, weil eigentlich nichts sich so einfach mit einem bloßen Fingerschnippen des Commander in Chief erledigen lässt. Zu sagen, dass man einen großartigen Plan habe, ist kein Plan. Und was ist mit den Details, den vielen kleinen teuflischen Details? Viel zu anstrengend, zu langweilig, zu langwierig. Ich will meine Hausaufgaben nicht machen, ich will spielen! Und dann wird irgendwann nicht mehr der Clown regieren, sondern das Chaos. Und mit einem dumpfen Knall wird der Karren dann im Graben landen und so einige werden sich verwundert die Augen reiben und sich fragen, wie das denn jetzt passieren konnte.
Gut, dass Donald gewählt wurde. Bevor hier in Europa die nächsten großen Wahlen sind, wird er spektakulär demonstriert haben, dass Angst, Egoismus und Wut schlechte Ratgeber sind. Und der Blick über das von ihm hinterlassene Trümmerfeld sollte wie ein kalter Eimer Wasser über den Kopf wirken - Hallo, wach! Merkt ihr es jetzt endlich? Und so wird dann Schlimmeres hier vermieden. Danke, Donald!
Und die armen Amis? Beten und ganz laut "Scheiße" schreien. Sorry, aber in der Welt des Donald ist jeder sich selbst der Nächste. Da können wir euch wirklich nicht helfen. Denn das ist nicht unsere Welt.

Dienstag, 4. Oktober 2016

Volk



Ich bin loyal zu diesem Staat. Denn er garantiert mir Freiheit, Würde, ein relativ sorgloses Leben in Frieden, Wohlstand und Sicherheit und die Achtung meiner Rechte. Welche Sprache die Leute, die mit mir in diesem Staat leben sprechen, welche Hautfarbe sie haben, wie sie heißen, was sie essen und welche Musik sie hören ist mir egal. Solange sie freiheitlich demokratische Werte haben spielt es für mich keine Rolle, woher sie kamen, wer sie sind oder zu welchem Gott sie beten.

Ich fühle mich nicht nur dann wohl, wenn alle um mich herum das gleiche Schnitzel essen, die gleiche Haarfarbe haben und dem gleichen Fussballteam zujubeln.

Das Grundgesetz würde auch für lilagepunktete Männchen vom Mars gelten, wenn sie sich entscheiden sollten, hier zu leben. Es gilt nicht nur einem Volk. Es definiert Volk nicht einmal. Es definiert den Menschen und seine Rechte. Egal zu welchem Volk dieser Mensch gehört. Ich kann nicht loyal zu einem Volk sein, denn auch ich wüßte nicht einmal, wie ich es definieren sollte. Ich gehöre nicht zu irgendeinem Volk, das andere für mich definieren wollen. Vielleicht gehöre ich zu einem Stamm. Aber das ist keine gesellschaftspolitische Einheit, mehr ein Heimatgefühl. Ich fühle mich meiner Heimat zugehörig und damit allen Menschen, die mit mir darin leben. Zugereiste eingeschlossen. Auch für die gelten die gleichen Rechte, die ich genieße. Und die mir dieser Staat garantiert. Ich bin kein Mitglied eines Volkes, ich bin ein Bürger dieses Staates. Ich bin ein Staatsbürger.

Sonntag, 25. September 2016

Versteckspiel


Lange Wallekleider, Schleier, Kopftücher und sonstige Vermummungen und Kaschierungen. Meinetwegen. Fremdländisch, befremdlich, verfremdend.
Wenns schee macht. Auch nicht schlimmer als Ballonseidentrainingsanzüge oder Trachtenlederhosen. Gehört zum Lokalkolorit.

Irritierend nur die Diskrepanz zwischen den Männern in Badelatschen, Shorts, aufgeknöpftem Hemd, Vollbart und Ray Ban Sonnenbrille, ein Smartphone in der einen Hand und den Autoschlüssel lässig in der anderen Hand und den schwarzen Monolithen an ihrer Seite. 21 Jahrhundert und 8. Jahrhundert. Moderne und Tradition. Zweierlei Maß.

Auch hier in Europa trugen Frauen lange Zeit etwas auf dem Kopf, waren es Hauben im Mittelalter, Hüte zu Kaisers Zeiten oder Kopftücher danach. Unschicklich war es, das Haupthaar unverdeckt zu zeigen. Auch Mann trug Hut. Jetzt nicht mehr. Einerlei Maß.

Die äußere Erscheinung passt den Menschen an seine Umgebung an. Integration durch Tarnung. Der Chameleoneffekt. Wer sich bedeckt hält, fällt auf, schließt sich aus. Das offene Visier als Vertrauensbeweis, für beide Seiten. 

Versteckspielen gilt nicht.